DENKFABRIK Marokko – Der Einfluss der Bildung in der Entwicklung der Gesellschaft

Der Einfluss der Bildung in der Entwicklung der Gesellschaft

Betrachtung und Vergleich einer staatlichen Schule im ländlichen Bereich und einer Privatschule in der Stadt

Lösungsansätze und Betrachtung der Bildungsinitiative TEACH FOR ALL

Einführung

Die Entwicklung ist ein Prozess, der die Fähigkeit eines Landes und seiner Gesellschaft darin stärkt, Wohlstand zu schaffen und der Gesellschaft die optimale Teilhabe an der Stärkung seiner sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse zu ermöglichen. Die erste grundlegende Notwendigkeit ist die Bildung.

Wirtschaftliches Wachstum ist nicht gleichbedeutend mit Entwicklung. Wenn die menschliche Komponente bei der Entfaltung eines Landes zu kurz kommt, wird das Land davon nur unzureichend profitieren. Die Entwicklung eines Landes hängt auch und vor allem von der Qualität der ‚Human Resources‘ ab.

Trotz bisheriger Bemühungen ist der Grad der Weiterentwicklung Marokkos zu optimieren. Das Bildungsniveau eines Großteils der Marokkaner bleibt beklagenswert.

Unser Ziel ist es, die oben genannte Situation zu hinterfragen, auch unter dem Aspekt der Betrachtung anderer Länder, die mit ähnlichen Problemen konfrontiert waren bzw. sind und die es geschafft haben, Ihre Entwicklung zu verbessern.

Um dieses Problem anzugehen haben wir uns mit der folgenden Herangehensweise beschäftigt und sie in drei Themenbereiche eingeteilt:

  1. ) Ausarbeitung eines ökonometrischen Modells bzw. einer Statistik, welche die Regression der Bildung auf die Entwicklung des Landes bemisst.
  2. ) Genaue Betrachtung der realen Probleme, die die Entwicklung eines ‚guten Bildungssystems‘ verhindern.
  3. ) Verbesserungsvorschläge für ein effizienteres Bildungssystem in Marokko.

1.) Das ökonometrische Modell

Das Modell/die Statistik wird verwendet, um die Rolle der Bildung bei der Entwicklung von Gesellschaften zu bewerten. Natürlich ist das Modell weithin bekannt. Aber durch die Quantifizierung des Parameters Bildung in Prozent ausgedrückt, vermittelt die Zahl einen wichtigen Eindruck der Dringlichkeit des Themas in Richtung der Verantwortlichen des Bildungssystems.

Unsere Stichprobe bezieht sich auf 54 Länder. Wir verzeichneten gewisse Potentiale, welche sich prinzipiell ökonomisch und sozial entwickeln sollen. Auf der einen Seite gibt es die abhängige Variable, die durch den Human Development Index (HDI) beschrieben wird. Auf der anderen Seite haben wir einige zu erklärende Variablen, wie die Bevölkerung, die Gesamtfläche des  Ackerlandes, natürliche Ressourcen, wie die Fischerei, sowie den Reichtum gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) und die Höhe der Schulbesuchsrate.

Dann führten wir die Computersimulation mit der Software „SPSS“ durch, um zu sehen, in welchem prozentualen Umfang die jeweils erklärende Variable zur Intensität der Veränderlichkeit des Human Development Index steht. Das gesamte Ergebnis ist überraschend: die Höhe der Schulbesuchsrate trägt zur Entwicklung einer Nation zu 47,84% bei.

2.) Stand der Dinge

Es ist zu erkennen, dass eine Ungleichheit zwischen den staatlichen und den privaten Schulen (vom Kindergarten bis zur Universität) besteht. Der private Sektor beinhaltet  modernere Ansätze in den Erziehungsmethoden und einen angenehmeren Rahmen, da dort meist die Anzahl der Schüler geringer ist. Der öffentliche Sektor bietet für die Schüler kostenfreue Bildung und eine geografische Verteilung im ganzen Land.

Für einen genaueren Blick auf die aktuelle Situation, betrachteten wir zwei unterschiedliche Bildungseinrichtungen aus den oben genannten Sektoren.

a)        Öffentliche Grundschule Azgor, Amezmiz, Marrakech

Die klimatischen Bedingungen sind mit starken Regenfällen und Schneestürmen extrem schwierig während des Winters. Die ländliche Umgebung verfügt über keine ausreichende Infrastruktur.

Das pädagogische Programm ist mangelhaft. Die zur Verfügung stehenden Klassenräume sind Fertigbauten in denen es an Heizung und Klimaanlage mangelt.

Die Abgelegenheit dieser Einrichtung von der Mehrheit der Bewohner der Gegend führt zu einem häufigen Schulabbruch. Der weite und unsichere Schulweg stellt für viele eine Gefahr dar, der vor allem Mädchen nicht ausgesetzt werden sollen.

Es besteht ein großer Mangel an Lehrpersonal. Es stehen nur zwei Lehrer  für die Schüler aller Klassen und Niveaus zu Verfügung.

Dieser Ort ist die Heimat einer isolierten Berber Gemeinschaft, dessen Bevölkerung nur unzulänglich Hocharabisch oder den marokkanischen Dialekt (Darija) spricht und versteht. Immer weniger Kinder erlernen ordentlich die Berbersprache. Von den beiden praktizierenden Lehrern der staatlichen Schule spricht wiederum einer nur sehr wenige Worte der Berbersprache, der andere spricht ausschließlich arabisch.

Es ist erforderlich, die Schüler der beiden Niveaus gleichzeitig zu unterrichten. Die schlecht ausgebildeten Lehrer sind dazu angehalten, eine überfüllte Klasse zu führen. Hinzu kommt, dass den Familien der Schüler nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um ihre Kinder mit Schulmaterial auszustatten.

b)        « Institut Rabat » pour l’enseignement fondamental privé (Privatschule), Rabat

Die Schule befindet sich im Stadtzentrum von Rabat. Das Gebäude ist mit 18 Klassenräumen ausgestattet. Es wird ein Schultransport angeboten.

Das Lehrpersonal besteht aus ehemaligen Lehrern staatlicher Schulen, sowie aus Akademikern der verschiedensten Fachrichtungen ohne pädagogische Ausbildung.

Die Eltern der Schüler sind generell finanziell gut ausgestattet.

Die Verwaltung der Schule beklagt, dass die Resultate der Schüler enttäuschend seien. Die Mehrheit der Schüler interessiert sich nicht für den Unterricht. Sie richten sich nach den erforderlichen pädagogischen Anordnungen.

Natürlich haben wir keine vollständige Beschreibung der Sachlage vornehmen können. Aber nach unserer Beobachtung zu urteilen, können wir sagen, dass das marokkanische Bildungssystem eine grundlegende und tiefgreifende Überholung braucht.

Wir schlagen folgende Empfehlungen zur Verbesserung des Erziehungssystems vor:

Vorschläge

  • Aufklärung und Sensibilisierung der ländlichen Bevölkerung über die Wichtigkeit der Erziehung und Bildung, speziell für die Mädchen
  • Radio und Fernsehbeiträge zum Thema Erziehung und Bildung, sowie verschiedene pädagogischer Programme speziell für Mütter.
  • Verbesserung der Qualität des Lehrpersonals, sowie Anregungen zur Motivation.
  • Zuweisung materieller und finanzieller Ressourcen für eine angemessene Infrastruktur.
  • Einführung von Kommunikationstechnologien in der Bildung.
  • Aufbau neuer Einheiten in abgelegenen, vor allem in ländlichen Gebieten, statt häufige Sanierung Lehreinrichtungen in den Städten.
  • Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor und der Zivilgesellschaft.
  • Kontrolle durch das Erziehungsministerium

3.) Zusammenfassung

Es besteht der Vorschlag eine unabhängige und neutrale Institution zu gründen, die als Vermittler und Ratgeber zwischen folgenden Beteiligten agiert:

  • Dem Staat, vertreten durch die Ministerien bzw. der Regierung
  • Der Wirtschaft bzw. Industrie (Firmen, Investoren etc.)
  • Der Zivilgesellschaft (Vereine, Stiftungen, Einzelpersonen, etc.)

Als modellartiges Beispiel wurde die Bildungsinitiative TEACH FOR ALL aus Amerika betrachtet (in Deutschland: „TEACH FIRST DEUTSCHLAND“ mit Sitz in Berlin), welche in verschiedenen Ländern weltweit, zugeschnitten auf die jeweiligen Bedürfnisse der Länder agiert. Der Vorschlag war, in Marokko eine gemeinnützige Institution nach dem Vorbild von TEACH FOR ALL/TEACH FIRST DEUTSCHLAND/TEACH FOR LEBANON etc. zu gründen.

Die Grundidee der Bildungsinitiative TEACH FOR ALL besteht darin, die „Future Leader“, exzellente Hochschulabsolventen aller Fachrichtungen für zwei Jahre an Schulen in benachteiligten Gebieten als Lehrer zu entsenden. Diese sogenannten Fellows werden von der lokalen Organisation und deren Sponsoren mit einem monatlichen Gehalt ausgestattet und erfahren zusätzlich zu ihrem bereits absolvierten Studium eine pädagogische Zusatzausbildung. Als kurzfristiger Effekt wird bedürftigen Schülern, Lehrern und Schulen geholfen. Aber bei einem Fokus auf langfristige Ziele wird durch die Sensibilisierung der „Future Leaders“ für den Bildungsbereich und ihren späteren Einfluss als TEACH FOR ALL-Alumni einer weltweiten Gemeinschaft, die Änderung und Verbesserung des gesamten Bildungssystems des Landes möglich. In Amerika und Großbritannien blicken die lokalen Organisationen bereits auf 20 bzw. 10-jährige Erfahrung zurück und können auf nachweisliche Erfolge in der Verbesserung des Bildungssystems verweisen.

Weitere Informationen über TEACH FOR ALL unter:

http://www.teachforall.org/

http://www.teachforamerica.org/

http://www.teachfirst.org.uk/

http://teachfirst.de/

http://teachforlebanon.org/