ALUMNI DENKFABRIK for Culture, Education and Development

von Deutsch in Marokko - Allemand au Maroc - أَلْمانِيّ فِي المَغْرِب

ALUMNI DENKFABRIK for Culture, Education and Development

Berlin, 11. – 12.12.2012

Spatz oder Adler – die Denkfabrik für Kultur, Bildung und Entwicklung

Erfolgreicher Testlauf für einen neuen Ansatz: Die Werkstatt der Alumni-Denkfabrik am 11. und 12. Dezember 2012 in Berlin

„We were lost at the beginning,“ steht auf einer Karteikarte, die die „Denkfabrik Libanon“ an die Moderatorenwand geheftet hat. Ein Satz, der die Gefühlslage der meisten an diesem Morgen widerzuspiegeln scheint, in den Grüppchen, die sich um den Moderator geschart haben, wird gelacht. „Wir hatten ja schließlich den härtesten Job vor uns, den es gibt,“ feixt ein Mann: „Denken!“

Es ist der erste Tag des Workshops der „Alumni-Denkfabrik“, einem Projekt, das das Goethe-Institut im Frühjahr 2012 gestartet hat.

Die Alumni-Denkfabrik ist ein Netzwerk aus lokalen Initiativen, in denen die Deutschland-Alumni von Goethe-Institut, GIZ, DAAD und weiteren deutschen Organisationen gemeinsam mit Fachexperten Entwicklungsprobleme identifizieren, Lösungsansätze diskutieren und konkrete Projektvorschläge erarbeiten sollten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus 14 verschiedenen Ländern: von Belarus über Georgien, Usbekistan, Marokko, Libanon, Indonesien, Thailand, Philippinen, Vietnam, Bolivien, Peru, Kamerun und Kenia bis nach Südafrika. 10 Länder bildeten Länderarbeitsgruppen, vier Länder Südostasiens schlossen sich zu einer regionalen Denkfabrik zusammen.

In  Arbeitsgruppen wählten die Alumni zunächst Schwerpunktthemen für eine Konferenz aus. Deren Teilnehmer wiederum sollten Lösungsvorschläge erarbeiten und daraus Projektideen für die Entwicklungs- und Bildungszusammenarbeit schmieden.

Kommuniziert wurde über das Alumniportal Deutschland (www.alumniportal-deutschland.org), eine Internetplattform  mit thematischen Foren und interaktiven Bildungsprogrammen.

Der Workshop in Berlin, bei dem die Länderarbeitsgruppen die Ergebnisse ihres Denk- und Entwicklungsprozesses präsentierten, war für die Projektinitiatoren des Goethe-Institutes der eigentliche Prüfstein: Würden die Alumni durch die Denkfabrik einen engeren Bezug zu Deutschland entwickeln? Würden die Initiativen mit den bewusst weitgefassten Themen und Methoden arbeiten können? Würde sich die Denkwerkstatt als geeignetes Instrumentarium erweisen, um Projektideen für die internationale Entwicklungs- und Bildungsarbeit zu generieren?

Eines der Projektziele erfüllte sich gleich bei der Auftaktveranstaltung, „Mapping of the participants“, bei der die 26 Teilnehmer die Landkarte der Alumni-Denkfabriken nachstellen sollten. Der einzige Anhaltspunkt: ein roter Punkt in der Mitte – Berlin. „Draußen vor dem Fenster steht ein Kirchturm. Da wusste ich, wo Osten ist,“ begründete Wissam Hojaiban aus dem Libanon seine Stellungswahl. „Ich bin einfach der Masse gefolgt,“ gestand Hamdi Echkaou aus Marokko.

Beim nächsten Stellungsspiel, „Wer der Meinung ist, dass Kultur eine große Rolle bei der Entwicklung seines Landes spielt, begebe sich in die rechte Ecke,“ erzählte Ledrolen Rojo Manriquez statt einer Begründung eine Anekdote: „In den Philippinen sollte eine Vogel ausgewählt werden, der das Land am besten repräsentiere. Darauf brach ein heftiger Streit aus: die einen hielten einen Spatzen für angemessen, die anderen wollten einen Adler.“

Nach einer Dreiviertelstunde war das Eis gebrochen, und die Workshop-Teilnehmer tauschten sich mit Kollegen aus anderen Ländern aus: über berufliche Gemeinsamkeiten, aber auch über die Vorliebe für den gleichen Bundesligaclub, die Begeisterung für die deutsche Romantik, das Interesse für die Strukturen des deutschen BGB ­–­ über all die kleinen Details, die für die Begründung von Beziehungen so wichtig sind.

Dieser Austausch wurde in der Session am nächsten Tag fortgesetzt. „I do what I do because..?“ : Mit dieser Frage lud der Moderator die Teilnehmer dazu ein, in Zweiergruppen von persönlichen Motivationen, beruflichen Ziele und Hoffnungen zu erzählen und dabei über die fachlichen Übereinstimmungen hinausgehende Gemeinsamkeiten zu erkennen: ein ähnliches Kulturverständnis, Wertesystem oder politische Erfahrungen.

So entwickelte sich eine für internationale Konferenzen ungewöhnliche Atmosphäre von Lockerheit und Leichtigkeit, die die Gruppendiskussion über Themen, Herangehensweisen und über die Ergebnisse der Länderprojekte sehr lebendig machte. So unterschiedlich wie die Themen der Projekte, die von Müllvermeidungsbewusstsein über die Sicherstellung der Energieversorgung in Bergregionen bis  hin zur Reform von Kunsthochschul-Curricula reichten (siehe dazu den gesonderten Bericht auf der gleichen Website) , war auch die methodische Umsetzung: Manche Ländergruppen hatten sich eher auf die strategische Umsetzung, andere auf die intellektuelle Durchdringung bestimmter Entwicklungsprobleme verlegt. „The Method is the aim,“ statuierten die einen, während andere Slide-Shows der Ergebnisse präsentierten: Sitzbänke aus recyceltem Plastikabfall, Sonnenkollektoren auf Hausdächern, Workshops für Kunststudenten.

Als letztes präsentierte die Denkwerkstatt Südafrika die Ergebnisse ihrer Denkfabrik, die an ein bereits bestehendes theaterpädagogisches Großprojekt „Drama for life“ anknüpfte. Dabei holten die zu einer Kritik der Finanzierungsorganisationen aus, die sich oft zu sehr in die Projektausgestaltung einmischten, Vorgaben machten,, die weder lokale Gewohnheiten noch Traditionen und strukturelle Hindernisse berücksichtigten.

Durch die inhaltliche Einflussnahme gingen die Projekte dann nicht selten an den Bedürfnissen der anvisierten Zielgruppen vorbei.

Eine Kritik, die ins Schwarze traf: Auch die Denkfabrik-Organisatoren hatten genau diesen Missstand im Auge, als sie das Konzept für die Alumni-Denkfabrik entwickelten.

Denn die 11 Länder-Denkfabriken sollten nicht nur Lösungsstrategien für entwicklungs- und bildungspolitische Probleme ersinnen, sondern auch konkrete Projekte konzipieren, die dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dem Auswärtigen Amt oder anderen öffentlichen Ressorts zur Förderung vorgeschlagen werden können. Dadurch soll das Gefälle zwischen Projektfördern und – machern ausgeglichen werden , die Eigeninitiative und das Verantwortungsgefühl der Projektinitiatoren und das Vertrauen der Förderer gestärkt, dass ihre Gelder sinnvoll eingesetzt werden.

Am zweiten Tag verständigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Projektvorschläge- und- methoden, die sie den Geldgebern präsentieren wollten, die an diesem Morgen extra angereist waren. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatsskretär im BMZ, Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts und Jan Schwaab, Leiter der Globalen Wissensvermittlung und Alumniarbeit der GIZ ließen sich von der Projektarbeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erzählen.

So stand am Ende des Workshops der Entschluss der Organisatoren fest, die Denkfabrik fortzuführen  – und als Methode für die Entwicklung weiterer Projekte der Entwicklungs- und Bildungszusammenarbeit zu nutzen.

Die Karteikarte „We were lost at the beginning“ an der Moderatorenwand war da längst durch eine andere ersetzt worden: „Need to support the Alumni Network.“

Autorin: Merle Hilbk

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Goethe Instituts.